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244. Hausfrauensorgen in Südwest.
1. Ich hatte es schwer, mich einzugewöhnen, und in meiner
Eigenschaft als Hausfrau namentlich wurde mir viel zugemutet. Ich
mußte mich mit den Bambusen herumärgern, die mich nicht verstanden
und die ich nicht verstand. Mein Mann dachte, es mir leichter zu
machen, wenn ich zu meiner persönlichen Bedienung ein Mädchen
hätte, und so engagierte er Pauline, die Tochter des Großmanns
Paul Goseb. Sie wollte mir gleich zu Ansang stark imponieren. Ihr
alter Herr hatte dieselbe Absicht und prägte mir deshalb wiederholt
ein: „Weißt du, gnädige Frau, wir sind aus guter Familie, wir
sind königlich und genau so fein wie Euer Deutscher Kaiser und der
alte Navilion (Napoleon)."
Paulinens Manierlosigkeit entsetzte mich, obgleich sie königlicher
Abstammung war. Ohne weiteres kam sie in das Zimmer mit so
undsoviel Schwestern und Freundinnen, hockte sich nach Kaffernart an
die Wand und schnatterte los. Ganz ungeniert wurde gepriemt, aus
kurzen Pfeifen geraucht und noch ungenierter ausgespuckt. Als ich es
zu verbieten wagte, erhob sich eine Stimme des Entsetzens, und die
Sache blieb beim alten.
Ebenfalls herrschte große Empörung, als ich den bescheidenen
Wunsch aussprach, doch auch am Sonntag das Zimmerchen nur so
einigermaßen rein zu machen. Der Missionar hätte gesagt, Sonntag
sei Ruhetag, da dürfe man keine Arbeit anrühren, müsse sich schön
machen und in die Kirche gehen.
Mit meiner Pauline hielt ich es nicht lange aus. Es war sehr
teuer, bei den täglichen Mahlzeiten ihre sämtlichen nahen und fernen
Anverwandten mit durchfüttern zu müssen. Ihre Arbeitsleistung war
gleich Null, und die königliche Mutter störte mich oft schon am frühesten
Morgen, um ein Treckselki (Handvoll) Kaffee zu erbetteln. Kurz ent-
schlossen trennte ich mich von ihr und behalf mich von nun ab mit
Jungen.
2. Die Kocherei im Freien am offenen Feuer war keine Kleinigkeit.
Das ständige Bücken und lange Stehen in der Sonnenglut waren recht
unangenehm. Damit die Sache wenigstens im Schatten vor sich ging,
baute mir der alte Ertmann aus Binsen und Ried vor unserem Hause
eine Art Sonnendach.
Vom Zubereiten der Speisen hatte ich natürlich auch wenig Ahnung.
Auch da half mir in rührendster Weise der alte Ertmann, und ich be-
mühte mich, ihm eine gelehrige Schülerin zu sein. Unter seiner Leitung
lernte ich Brot und Zwieback backen, afrikanische Fleischspeisen der
verschiedensten Art zubereiten und sogar Puddings machen.
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Extrahierte Personennamen: Pauline Paul_Goseb Napoleon Paulinens
474
niemand klarer ein als der König. Noch eben hatte ich mit ihm darüber
eine lange Unterredung, und er sagte, in sich gekehrt, wiederholentlich:
„Das muß auch bei uns anders werden."
Gewiß wird es besser werden. Aber es kann nur gut werden in
der Welt durch die Guten. Deshalb glaube ich auch nicht, daß der
Kaiser Napoleon Bonaparte sest und sicher auf seinem, jetzt freilich
glänzenden Thron ist. Er befleckt seine Regierung mit vielen Ungerechtig-
keiten. Er meint es nicht redlich mit der guten Sache und mit den
Menschen. Er und sein ungemessener Ehrgeiz meint nur sich selbst und
sein persönliches Interesse. Man muß ihn mehr bewundern, als man ihn
lieben kann. Er ist von seinem Glück geblendet, und er meint alles zu
vermögen. Dabei ist er ohne alle Mäßigung, und wer nicht Maß halten
kann, verliert das Gleichgewicht und fällt.
Ich glaube fest an Gott; deshalb bin ich der Hoffnung, daß auf die
jetzige böse Zeit eine bessere folgen wird. Diese hoffen, wünschen und
erwarten alle besseren Menschen, und durch die Lobredner der jetzigen und
ihres großen Helden darf man sich nicht irre machen lassen. Ganz un-
verkennbar ist alles, was geschehen ist und geschieht, nicht das Letzte und
Gute, wie es werden und bleiben soll, sondern nur die Bahnung des
Weges zu einem bessern Ziele hin. Dieses Ziel scheint aber in weiter
Entfernung zu liegen, wir werden es wahrscheinlich nicht erreicht sehen und
darüber hinsterben. Wie Gott will, alles, wie er will. Aber ich finde Trost,
Kraft und Mut und Heiterkeit in dieser Hoffnung, die tief in meiner
Seele liegt. Ist doch alles in der Welt nur Übergang! Wir müssen durch.
Sorgen wir nur dafür, daß wir mit jedem Tage reifer und besser werden.
Gern werden Sie, lieber Vater, hören, daß das Unglück, welches uns
getroffen, in unser eheliches und häusliches Leben nicht eingedrungen fit,
vielmehr dasselbe befestigt und uns noch werter gemacht hat. Der König,
der beste Mensch, ist gütiger und liebevoller als je. Noch gestern sagte
er schlicht und einfach, mit seinen treuen Augen mich ansehend, zu mir:
„Du, liebe Luise, bist mir im Unglück noch werter und lieber geworden.
Nun weiß ich aus Erfahrung, was ich an dir habe. Mag es draußen
stürmen, wenn es in unserer Ehe nur gut Wetter ist und bleibt. Weil
ich dich so lieb habe, habe ich unser jüngst geborenes Töchterchen Luise
genannt. Möge es eine Luise werden!"
Bis zu Tränen rührte mich diese Güte. Es ist mein Stolz, meine
Freude und mein Glück, die Liebe und Zufriedenheit des besten Mannes
zu besitzen, und weil ich ihn von Herzen wieder liebe und wir so miteinander
eins sind, daß der Wille des einen auch der Wille des andern ist, wird es
mir leicht, dies glückliche Einverständnis, welches mit den Jahren inniger ge-
worden ist, zu erhalten. Mit einem Worte, er gefällt mir in allen Stücken,
und ich gefalle ihm und uns ist am wohlsten, wenn wir zusammen sind.
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475
Ich schreibe Ihnen dies, geliebter Vater, damit Sie mit Beruhigung
an uns denken. Ihrem freundlichen Andenken empfehle ich meinen Mann,
auch unsere Kinder alle, die dem ehrwürdigen Großvater die Hände küssen,
und ich bin, und ich bleibe, bester Vater, Ihre dankbare Tochter
Luise.
266. An die Königin von Preußen.
■ Zur Feier ihres Geburtstages, den 10. März 1810.
1. Erwäg' ich, wie in jenen Schreckenstagen
still deine Brust verschlossen, was sie litt,
wie du das Unglück mit der Grazie Tritt
aus jungen Schultern herrlich hast getragen;
2. wie von des Kriegs zerrißnem Schlachtenwagen
selbst oft die Schar der Männer zu dir schritt,
wie trotz der Wunde, die dein Herz durchschnitt,
du stets der Hoffnung Fahn' uns vorgetragen:
3. O Herrscherin, die Zeit dann möcht' ich segnen!
Wir sahn dich Anmut endlos niederregnen —
Wie groß du warst, das ahneten wir nicht!
4. Dein Haupt scheint wie von Strahlen mir umschimmert,
du bist der Stern, der voller Pracht erst flimmert,
wenn er durch finstre Wetterwolken bricht!
Heinrich v. Kleist.
267. Andreas Hofer.
\. Zu Mantua in Banden
der treue Hofer war;
in Mantua zum Tode
führt' ihn der Feinde Zchar.
Ts blutete der Brüder Herz,
ganz Deutschland, ach, in Schmach
und schmerz,
mit ihm das Land Tirol!
2. Die Hände auf dem Rücken,
Andreas Hofer ging
ntit ruhig festen schritten;
ihm schien der Tod gering,
der Tod, den er so manches Mal
vom Zfelberg geschickt ins Tal
im heil'gen Land Tirol.
3. Doch als aus Aerkergittern
im festen Mantua
die treuen Waffenbrüder
die Hand' er strecken sah,
da rief er laut: „Gott sei mit
euch,
mit dem verratnen Deutschen Reich
und mit dem Land Tirol!"
4- Dem Tambour will der Wirbel
nicht unterm Schlägel vor,
als nun Andreas Hofer
schritt durch das ffnftre Tor.
Andreas, noch in Banden frei,
dort stand er fest auf der Bastei,
der Mann vom Land Tirol.
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Extrahierte Personennamen: Luise Heinrich_v Heinrich Andreas_Hofer Andreas_Hofer Andreas_Hofer Andreas
Extrahierte Ortsnamen: Mantua Mantua Deutschland Mantua
486
Am andern Morgen zog ein Trupp schwarzer Reiter in die
Stadt — auch durch das Wassertor. Einer kam zu Pferde hier in
die Sperlingsgasse vor unser Haus und stieg ab. Mir sank das Herz
in die Knie; es war mein Ludwig. „Adjes, Mutter! Adjes, Vater!“
rief er, „behüt’ euch Gott! ’s wird sich schon machen.“ Und dann
ritt er fort, den andern nach, die schon durch das grüne Tor zogen,
„Da geht’s nach Frankreich, Alte,“ rief mein Mann, während ich
heulte und jammerte. Aber es war noch nicht so weit.
5. Wir hörten lange Zeit nichts, bis eines Tages alle Glocken in
der Stadt läuteten und auch im ganzen Land, wie sie sagten. Es
war eine große Schlacht gewesen, und unsere hatten gewonnen, und
mein Ludwig war — tot. „Der erste,“ sagte mein Alter.
Wieder ging ein Jahr hin, und einmal kam das Kanonenschießen
so nahe, daß die Leute vor das Tor liefen, es zu hören; natürlich
liefen mein Gottfried und ich mit. Da kamen bald aus der Gegend
her, wo es so rollte und donnerte, Wagen mit Verwundeten, Freund
und Feind durcheinander, und immer mehr und mehr. Die wurden
alle in die Stadt gebracht.
„Herr, mein Heiland!“ muß ich auf einmal ausrufen, „ist das
nicht der Piär von damals, von Anno sechs?“ Richtig, er war’s.
Mit abgeschossenem Bein lag er auf dem Stroh und wimmerte ganz
jämmerlich. „Den nehm’ ich mit,“ sagte mein Alter und bat ihn
sich aus, und wir brachten ihn hier ins Haus. Da kurierten wir
ihn. Als er besser wurde, hatte mein Mann oft seine Rede mit ihm.
Einmal war der Franzos obenauf, einmal mein Alter. Da hieß es
plötzlich, die Deutschen seien wieder geschlagen und der Napoleon
abermals Obermeister. Mein Alter sah den Wilhelm bedenklich an,
als ginge er mit sich zu Rat. Als aber in der Nacht die Sturm-
glocken auf allen Dörfern läuteten, wußte ich, was geschehen würde,
und weinte die ganze Nacht, und am Morgen zog auch mein Wil-
helm fort mit den grünen Jägern zu Fuß. Vorher aber führte ihn
mein Alter noch an das Bett des Franzosen und sagte: „Das ist der
zweite.“ Der Franzos schaute ganz kurios drein und sagte gar nichts,
sondern drehte sich nach der Wand.
6. Das Kanonenschießen kam nun nicht wieder so nah’, und der
Wilhelm schrieb von großen Schlachten, wo viele tausend Menschen
zu Tode kamen, aber er nicht, und die Briefe kamen immer ferner
her, und auf einmal standen gar welsche Namen darauf. Die brachte
mein Alter dem Franzos hinauf, der nun schon ganz gut deutsch
konnte, und sagte lachend zu ihm: „Nun, Gevatter, nit raus? nit
raus?“ Und der Franzos machte ein gar erbärmlich Gesicht und
sagte, den Brief in der Hand: „Das sein mein Eimatsort, da wohnen
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig_war_— Ludwig Gottfried Napoleon Wilhelm Wilhelm
423
sich der Pflanzer, wenn er statt der Blüten unzählige blutrote Beeren
sieht; die versprechen eine gute Ernte.
3. Ich näherte mich dem Hause, in dem der Leiter der Pflanzung
wohnt. Hier muß eine deutsche Hausfrau walten, so dachte ich. Vor-
dem Hause blühten allerlei heimatliche Blumen, Nelken und Geranien in
leuchtender Pracht. Aus dem Hofe gackerten die Hühner. Hinter dem
Zaun erblickte ich wohlgepslegte Gartenbeete, auf denen Salat und deutsche
Gemüse aller Art gediehen. Ein schwarzer Diener sprang herzu und nahm
mir mein Pferd ab. Über die berankte Veranda trat ich in das Haus.
Ein freundliches Zimmer nahm mich auf. Felle von afrikanischen Tieren
lagen als Teppiche auf dem Boden. Gehörne von Antilopen hingen über
den Türen. Von der Wand her aber grüßten mich alte bekannte Bilder,
die ich schon in der Heimat gesehen. Von den Büchern, die ich auf dem
Tische fand, hatte ich in Deutschland auch wohl schon dieses oder jenes
in der Hand gehabt.
Bald trat die junge Hausfrau selber ein, ihr Töchterchen an der
Hand. Verwundert schaute das Kind zu dem fremden Manne hinauf.
Schwarze Leute sind ihm ganz vertraut, die sieht es alle Tage. Es
plaudert mit ihnen in ihrer Sprache, hat auch einen afrikanischen Namen
von ihnen bekommen, Kalunde, das Wölkchen. Aber ein weißes Gesicht
sieht es nur selten, außer bei Vater und Mutter, und mit weißen Kindern
spielt es wohl nur ein- oder zweimal im Jahr. Die Mutter hieß mich
herzlich willkommen. Sie freute sich über den Besuch und klagte, daß es
so einsam sei im Walde. Aber tapfer hält sie stand an ihres Gatten
Seite, eine treue Gehilfin seiner Arbeit, und macht ihm in der Fremde
sein Haus zu einer Heimat.
4. Der Hausherr weilte noch in der Pflanzung. Für viele Hände
gibt es dort täglich zu tun. Das Unkraut muß gehackt und fortgeschafft
und der Boden gelockert werden. Die Waldbäche werden über die Pflanzung
geleitet, um sie in trockener Zeit zu tränken. Neue Stücke Waldes müssen
ausgerodet und bepflanzt werden. Haben aber die Kaffeebeeren eine bläulich-
rote Farbe erlangt, dann ist die Zeit der Ernte da, und schwarze Frauen
sammeln die Frucht ein. Über aller Arbeit muß das Auge des Leiters
wachen. Er duldet keine Faulheit. Streng ist er, aber auch gerecht und
milde. Darum lieben ihn seine Arbeiter und tun gern, was er befiehlt.
Erst die Mittagsstunde führte ihn zu kurzer Erholung ins Haus.
Im Familienkreise saß ich mit am Tische, und wir sprachen von der fernen
Heimat und von der Arbeit in Afrika. Ich kostete auch von dem Kaffee,
der auf der Plantage wächst, und fand ihn von gutem Geschmack, so daß
er den guten Ruf wohl verdient, den der Usambara-Kaffee daheim schon hat.
5. Als ich aufbrechen wollte, geleitete mich das gastfreundliche Ehe-
paar mit ihrem Töchterlein noch ein gutes Stück Weges das Tal hinab,
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514
ich hoffentlich nicht mehr erleben werde, sich vieles, namentlich für die
verwundeten Krieger, günstiger gestalten werde."
5. Ihre ganz besondere Fürsorge widmete die Kaiserin dem auf
ihre Anregung gegründeten Augusta-Hospital in Berlin und dem mit
ihm verbundenen Asyl für Krankenpflegerinnen. Bei ihren häufigen
Besuchen des Hospitals ging sie zu den Kranken in die Zellen, bezeigte
ihnen ihre Teilnahme und sorgte für ihre Bedürfnisse. Sie ließ das
Krankenhaus mit freundlichen Anlagen umgeben, damit der Genesende,
der neue Lebenshoffnung schöpft, sich an dem Leben in der Natur, an
dem Anblick des frischen Grüns und der Blumen erfreue und labe.
Sie wohnte auch, so oft es ihr möglich war, dem sonntäglichen Gottes-
dienst in dem Augusta-Hospital bei und ließ dort eine Kapelle erbauen.
6. Aus der eigenen Anregung der Kaiserin ging das 1872 be-
gründete „Kaiserin-Augusta-Stift" in Charlottenburg hervor, in dem
Töchter der im Kriege gefallenen Offiziere bis zu ihrem siebzehnten
Lebensjahr eine gute, ihrem Stande angemessene Erziehung erhalten.
Das sehr einfache, einstöckige Haus, das die Kaiserin zu diesem Zweck
errichten ließ, ist durch das Rote Kreuz am weißen Giebelfelde be-
zeichnet. Über der Tür ist als Inschrift der Lieblingsspruch der
Kaiserin zu lesen: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal,
haltet an am Gebet!"
7. Daß aber die Kaiserin auch für die Geringsten und Ver-
kommensten des Volkes ein erbarmendes Herz hatte, beweist die für-
sorgende Teilnahme, die sie der Erziehung verwahrloster Kinder
widmete.
Ihre Samaritertätigkeit blieb stets die gleiche, so sehr sich auch
das äußere Leben der Kaiserin veränderte. Im Frühjahre 1888 stand
die trauernde kaiserliche Witwe am Sarge ihres Gemahls, dessen kernige
Gesundheit nach einem langen und gesegneten, tatenreichen Leben den
Beschwerden des Alters erlegen war, und im Sommer desselben Jahres
fielen die Tränen der Kaiserin-Mutter in die Gruft ihres einzigen
Sohnes, der, einst der Stolz und die Hoffnung Deutschlands, von
einer langsam an seinem Lebensmark zehrenden, schmerzvollen Krank-
heit dahingerafft wurde. Aber bis zum letzten Atemzuge hat Kaiserin
Augusta nicht aufgehört, ihre Kräfte im Dienste der barmherzigen
Nächstenliebe zu verwenden.
Am 7. Januar 1890 hat. sie ihr müdes Haupt zur Ruhe nieder-
gelegt. Wie Kaiser Wilhelm I., an dessen Seite sie im stillen Char-
lottenburger Mausoleum ruht, wird auch sie unvergessen bleiben. In
Berlin ist ihr ein Denkmal auf dem Platz am Opernhause errichtet
worden.
Wilhelm Heinze.
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Extrahierte Personennamen: Augusta Wilhelm_I. Wilhelm_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Charlottenburg Deutschlands Berlin
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Lebensgefährtin gewesen ist. Acht Kinder umgaben im Laufe der Jahre
das erlauchte Elternpaar, welches den Winter im Palais Unter den
Linden in Berlin, den Sommer im Neuen Palais bei Potsdam zu
verleben pflegte. Zwei Knaben sind in jugendlichem Alter dem Vater
in den Tod vorangegangen, zwei Söhne und vier Töchter haben ihn
überlebt.
4. Mit dem Jahre 1861, als König Wilhelm seinem Bruder nach-
folgte, wurde Prinz Friedrich Wilhelm Kronprinz von Preußen, und bald
riefen ihn die von seinem Vater geführten Kriege mehr als bisher vor
die Augen der Welt. Schon in dem Feldzuge gegen Dänemark 1864
nahm er, ohne den Oberbefehl zu führen, an allen kriegerischen Ereignissen
teil. Im Kriege gegen Österreich 1866 führte er die Ii., die schlesische
Armee. Wie der geringste Wehrmann harrte er im Felde aus, während
ihm und der tiefgebeugten Mutter daheim in eben diesen Tagen das jüngste
Söhnlein entrissen wurde. Das tatkräftige Eingreifen seiner Armöe nach
schwerem, langem Marsche entschied die Schlacht von Königgrätz. Im
französischen Kriege 1870 stand er an der Spitze der Iii. Armee, zu
welcher auch die süddeutschen Truppen, Bayern, Württemberger und
Badener, gehörten. Er führte sie zu den Siegen von Weißenburg und
Wörth und half wesentlich mit zum Gelingen der großen Umzingelung
des französischen Heeres bei Sedan. Zugleich aber gewann er durch seine
leutselige Herablassung und durch sein freundliches, gemütvolles Wesen
die Herzen der Süddeutschen. Begeistert hingen sie dem norddeutschen
Königssohne an, und bald hieß er bei ihnen wie in Preußen „unser Fritz".
Auf diese Weise hat er wesentlich dazu beigetragen, daß über der Waffen-
brüderschaft von Nord und Süd das deutsche Kaisertum in Versailles
konnte aufgerichtet werden. Als Kronprinz des Deutschen Reiches und von
Preußen und als Generalfeldmarschall kehrte er aus dem Kriege zurück.
Die Inspektion über die süddeutschen Truppen behielt er dauernd.
So hatte er an seinem Teile das Reich erbauen helfen, das er künftig
beherrschen sollte. Eine mannigfaltige Tätigkeit erfüllte auch die folgenden
ruhigeren Jahre des Friedens: regelmäßige Besichtigungen der Truppen,
zahlreiche Reisen an befreundete Höfe im Aufträge des greisen, kaiserlichen
Vaters, das Protektorat über die Königlichen Museen, wie über eine
große Zahl von Vereinen, Anstalten, Ausstellungen usw.
5. Schon erblühten ihm aus der Ehe seines Sohnes Wilhelm mit
der Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein vier Enkel. In
vier gleichzeitig lebenden Geschlechtern sah man den Hohenzollernthron
gesichert wie kaum je einen Thron der Erde. Der Kronprinz selbst, fast
zu dem Alter gereift, in welchem vormals sein Vater den Thron bestieg,
schien wie wenig andere vor ihm für das Herrscheramt vorbereitet. Aber
Gott hatte es anders beschlossen.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Friedrich_Wilhelm_Kronprinz_von_Preußen Friedrich Wilhelm Wehrmann Wilhelm Auguste_Viktoria
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Potsdam Bayern Weißenburg Sedan Nord Versailles Schleswig-Holstein
451
Ihr diese und alle Not möget selig überwinden und endlich schmecken
und erfahren, daß es die Wahrheit sei, da er selbst spricht: Seid getrost!
Ich hab' die Welt überwunden. Und befehle hiermit Euern Leib und
Seele in seine Barmherzigkeit! Amen. Es bitten für Euch alle Euere
Kinder und meine Käthe. Etliche weinen; etliche essen und sagen: die
Großmutter ist krank. Gottes Gnade sei mit uns allen! Amen.
Am Sonnabend nach Himmelfahrt 1531.
Euer lieber Sohn
Martin Luther.
b) Luthers Gartenfreude. (Gekürzt.)
1. Wenn je einer ein Gartenfreund war, so ist es Luther gewesen.
Das Kloster selbst, das der Kurfürst Johann der Beständige ihm zum Ge-
schenk machte, hatte einen Garten. Aber Luther erwarb noch mehrere
Gärten in der Stadt, darunter einen mit einem Fischteich. In seinem
Garten suchte und fand Luther die liebste Erholung. Wohl war ihm
sein Studierzimmer traut und lieb, in dem sich die Gehilfen der Bibel-
übersetzung versammeln, in dem er gern auch Gattin und Kinder um sich
hat, in dem er Besuche empfängt. Aber wenn uns Luther einmal dieses
Studierzimmer beschreibt: „Tisch, Bänke, Schemel, Pulte, Fenster, Truhen,
Regale, alles liegt voll Briefe, Anfragen, Akten, Beschwerden, Bittschriften
usw." dann verdenken wir's ihm gewiß nicht, wenn er gern einmal dieses
Zimmer mit dem Garten, dem alten Klostergarten am Wohnhause, ver-
tauscht. Fröhlich springen ihm die Kinder mit dem Hündchen „Tölpel"
voran, und die Gattin und die Freunde geleiten ihn. Bald wird es unter
den schattigen Bäumen laut und lebendig. Die Jugend ergötzt sich an
munterem Spiel. Das Rollen der Kugel und das Fallen der Kegel wird
vernehmbar. Gern versucht auch Luther dort seine Kunst. Freilich be-
richtet uns sein Freund, der Arzt Matthäus Ratzeberger: „Einmal schob
er die Kugel umwürts, das ander Mal seitenwärts oder über Eck."
2. Deutlich spiegelte sich in Luthers Briefen die Liebe zu seinem
Garten und die Freude, die der Aufenthalt dort ihm bereitet, wider. Er
hat auch wacker mit drin gegraben, wenn er auch die Hauptarbeit seinem
Gärtner Heinrich, seinem Diener Wolfgang und seiner Köchin
Orthe (Dorothea) unter der Oberleitung seines Herrn „Käthe" über-
ließ. War ihm doch „Ackerbau ein göttlich Werk". „Der Bauern Arbeit",
sagt er einmal, „ist am fröhlichsten und voller Hoffnung; denn ernten,
pflügen, säen, pflanzen, pfropfen, abmähen, einschneiden, dreschen, Holz
hauen, das hat alles große Hoffnung." Ein Jahr nach seiner Hochzeit
lud er Freund Spalatin in seinen Garten ein: „Ich habe einen Garten
gepflanzt, einen Brunnen gegraben, beides mit gutem Glück. Komm, und
du sollst mit Lilien und Rosen bekränzt werden." Und wie ist er be-
29*
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Personennamen: Martin_Luther Luthers_Gartenfreude Johann Matthäus_Ratzeberger Heinrich Heinrich Wolfgang Dorothea)
454
257. Die Belagerung und Erstürmung Mündens im
Dreißigjährigen Kriege.
1. Wenige Jahre nach dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges kamen
die ersten feindlichen Scharen auch in die Nähe der Stadb Münden.
Wallenstein stel mit einer Armee von 20000 Mann in das Amt Fried-
land ein und plünderte und brannte die Dörfer rund um Göttingen ab.
Das Geschrei der benachbarten Landbewohner, die zum Himmel auf-
steigende Flamme, welche die schönsten Dörfer in Brandstätten verwandelte,
verkündete den Bürgern Mündens das nahe Verderben. Doch Wallen-
stein griff die Stadt nicht an; wider Erwarten schien das Unglück schnell
vorüberzuziehen. Schon atmeten die Mündener freier; schon bauten
die unglücklichen Landbewohner ihre friedlichen Hütten wieder auf und
vertrauten der Erde die Hoffnungen des künftigen Jahres an, um sorglos
die Wintertage in der neuen friedlichen Hütte durchleben zu können. Da
rückte plötzlich Tilly, der mit seiner Armee im Hessischen stand, vor die
unglückliche Stadt. Es wurde also zur schrecklichen Gewißheit, was man
schon lange geahnt hatte. Münden wurde am 26. Mai 1626 belagert.
2. Das Gedränge und Gewühl mehrte sich stündlich. Man schickte nach
Göttingen und ließ den Grafen von Solms und die Bürger um Hilfe
bitten. Umsonst! Was wollten doch auch wohl Solms unerfahrene Knaben
gegen Tillys geübte Krieger? Dazu war die Stadt nur wenig befestigt
und nicht imstande, den fürchterlichen Donnerbüchsen Tillys lange zu
widerstehen. Sehr richtig sah der damalige Bürgermeister Christoph
von Mengershausen es ein, daß es geratener sei, sich lieber dem
mächtigen Krieger zu ergeben, als durch unnützen Widerstand und Blut-
vergießen denselben zu erzürnen. Er wollte die Stadt vor dem gänzlichen
Ruin bewahren; auch dachte er an das schlimme Schicksal, das die armen
Weiber und Kinder bei der Eroberung treffen würde. Der Bürgermeister
versammelte den Rat und trug ihm seine Meinung vor. Sein Vorschlag
fand den einstimmigen Beifall der Versammlung. Der gesamte Rat faßte
den Entschluß, mit dem General Tilly zu kapitulieren und, um die armen
Bürger, ihre Weiber und Kinder am Leben zu erhalten, eine demütige
Bittschrift an denselben abzulassen. Allein das Schicksal wollte einen weit
traurigeren Ausgang. In der Stadt lag eine dänische Besatzung von
800 Mann, die unter dem Befehle des Oberstleutnants Sevis von Lawis
stand. Dieser war aus dem kaiserlichen Heere entflohen; er wußte, welches
Schicksal ihm bei der Übergabe bevorstand. Als er den Entschluß des
Rates erfahren hatte, eilte er schnell aufs Rathaus und sagte in befehlendem
Tone, daß er die Übergabe der Stadt nicht zulassen wolle. Dieser Platz
sei ihm, setzte er hinzu, von dem Könige von Dänemark zur Verteidigung
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Extrahierte Personennamen: Tilly Christoph
von_Mengershausen Tilly Sevis_von_Lawis
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zogen in scharfgedrängten Reihen eilig herein. Neben diesen Reihen drängten
Ungeduldige jauchzend sich noch schneller vorwärts, wo sich irgendein
Räumchen fand. Zwei große preußische Jäger, die mit verschlungenen
Armen vorauseilten, kamen mir eben zufällig vor das Fernglas. Da
schießt einer der im Garten vor meinen Fenstern versteckten Franzosen
dem einen dieser wahrhaft schönen Jünglinge in den Leib, daß er sogleich
zusammensinkt. Sein Freund will ihn halten, er vermag's nicht, zieht
ihn an eine Linde, lehnt ihn halbaufgerichtet an sie, kniet an seiner Seite
nieder und ist liebevoll um ihn beschäftigt. Dieser Anblick riß mir tiefer
in die Seele, als das tausendfältige Ähnliche, was ich nur in Masse ge-
wahret hatte. Ich warf mich aufs Sofa, die frohe Begeisterung war,
wenigstens aus einige Minuten, ganz dahin. Das Los des Menschen,
Großes nur durch Leiden, Frohes durch Schmerz, Leben durch Tod er-
ringen zu sollen, trat wie ein mit Feuer auf Nachtgrund gemaltes Bild
plötzlich vor meine Seele.
5. Die Rachewut und Todesverachtung vieler versprengter Franzosen
war heldenmütig, aber gräßlich. Im Garten unter meinen Fenstern
lauerten nicht wenige hinter Bäumen und schossen immerfort blind unter
die einziehenden Siegern Selbst in dem kleinen Pavillon am Hause staken
deren vier. Als wir ihnen freundlich zuriefen, sich zu retten, legten sie
auf uns an und schworen dem den Tod, der ihnen zu nahe käme. Wir
ließen sie denn schalten; zwei davon mögen später entkommen sein, der
dritte lag tot und nackt mehrere Tage im Zwinger unter meinen Fenstern.
Der vierte wurde, dem Verscheiden nahe, am dritten Tage in einer Laube
gesundeu. Er war weder verwundet noch krank, sondern wollte verhungern,
um sich nicht ergeben zu müssen.------Im Stadtgraben an der Barfüßer-
pforte standen viele bis unter die Arme im Wasser, hielten die Gewehre und
was für diese nötig war empor, luden und schossen immerfort. Und wenn dann
einer von den vorüberziehenden Siegern wie ein versprengtes Wild auf
der Lustjagd vom Jäger gefaßt wurde, und getrosten unter die Wasserfläche
sank, so schrien die anderen, als wären sie die Jäger, über den Gewinn.
6. Gleich nachdem die Preußen in die Stadt gedrungen waren,
quollen auch Schweden, Russen, Österreicher usw. zu allen Toren herein.
Mehrere Gärten, besonders am Grimmaischen und Peterstore, ja mehrere
Gartenhäuser, hatten einzeln mit Sturm genommen werden müssen, weil
darin Franzosen sich nach Möglichkeit verrammelt und gewehrt hatten.
Bis in viele Wohnzimmer war gefochten, geschossen und gar mancher
erlegt worden. — Das Korps der Badener streckte am Markte, unser
sächsisches in der Grimmaischen Gasse das Gewehr. Aus Befehl des
Kronprinzen von Schweden nahmen sie es sogleich zurück. Auf den Anruf
der Sieger: „Brüder, mit uns!" stürzten ganze Haufen einander in die
Arme. Dies, sowie das Zusammentreffen der Monarchen auf dem Markte,
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